Detmold. Drei Tage „Neue Musik“ an fünf verschiedenen Orten, Werke von 30 Komponisten, darunter sieben Uraufführungen in mehr als 12 Stunden Musik und mehrere Veranstaltungen mit weit über 100
Besuchern: Mit solchen Zahlen hat das Hörfest „Neue Musik“ der „Initiative Neue Musik“ geglänzt.
Hans Timm, dem Initiator der „Initiative Neue Musik“, ist es gelungen, hochqualifiziertes Personal zu bündeln – Menschen, die ihr Herz an Klänge verschenkt haben, die äußerlich mit Mozart und
Beethoven scheinbar nichts zu tun haben, innerlich aber deren Credo nach zeitgemäßer Musik verpflichtet bleiben. Die besondere Atmosphäre eines Festivals trug sicherlich entscheidend dazu bei, dass
Kompositionen aus dem zwanzigsten und beginnenden einundzwanzigsten Jahrhundert bei weit mehr Besuchern als erwartet durchweg enormen Anklang fanden. Oft folgten weit über 100 Besucher der Suche nach
neuen verbindlichen Klängen, die aus gutem Grund den klassisch-romantischen Klangraum bis hin zum Verwischen der Grenzen zwischen Ton und Geräusch erweitert haben.
Das Ensemble Horizonte um den Komponisten Jörg Peter Mittmann und das Artwork Ensemble um die Pianistin Hajdi Elzeser bildeten das musikalische Rückrat. Mittmann und der Komponist Professor Martin
Christoph Redel trugen maßgeblich dazu bei, dem Festival eine internationale Ausstrahlung zu verleihen. Eine überzeugende Idee war die Beteiligung von Schulen sowie der Johannes-Brahms-Musikschule.
Die Auseinandersetzung mit den Spielräumen Neuer Musik öffnete den Kindern und Jugendlichen eine unverzichtbare Welt.
Die Zusammenarbeit mit dem Landestheater brachte mit Avo Pärt (geboren 1935) jenen Komponisten zu Gehör, den die Zukunft vielleicht als die ästhetische Antwort auf das Auseinanderfallen der
globalisierten Welt in eine Unzahl von kulturellen Parallelgesellschaften herausarbeiten wird. Das Wiener Glasharmonika Duo spielte am Sonntagvormittag dessen „Pari Intervallo“, eine Komposition, die
aus einer „klugen“ Besinnung auf „Alte Musik“ eine „neue Einfachheit“ entwickelt. Wie unterschiedlich dabei der „Klang des Wassers“ (so das Thema des Festivals) sein kann, das war an diesem
Wochenende unüberhörbar. Fazit: Dieser gelungene Auft akt ruft ganz laut nach einer Wiederholung.
(ans)
Lippische Landeszeitung 28. September 2010
Detmold. Leonora Schlünz ist neun Jahre alt. Sie ist eine von 30 Komponisten gewesen, deren Werke auf dem Hörfest „Neue Musik“ innerhalb von drei Tagen zu hören waren. Und sie machte allen
deutlich: Die Neue Musik ist in der „normalen“ Welt angekommen.
Leonora Schlünz hat „Hundert Regentropfen“ komponiert, ein Werk für Vibraphon, Violine und zwei Wassereimer. Die Komposition passte also genau zum Thema „Klang des Wassers“, unter das die von Hans
Timm und anderen ins Leben gerufene Initiative Neue Musik in Ostwestfalen e.V. ihr dreitägiges Event zusammengefasst hatte.
Im „Geräteschuppen“ der Schlagwerker, wie die Moderatorin Kornelia Bittmann der vor allem am Samstag von 15 Uhr bis 22 Uhr nahezu nonstop durchlaufenden Konzertabfolge das Schlagzeughaus an der
Hochschule für Musik titulierte, zupfte Gabriela Niggemann an den leeren Saiten ihrer Geige und patschte zwischendurch immer mal mit voller Wucht in ihren Wassereimer. Daniel Rellmann spielte ein in
sich kreisendes Motiv auf seinem Vibraphon und patschte hier und da auch in seinen Wassereimer. Das war im ersten Moment lustig. Es war aber noch viel mehr. In Anlehnung an Christian Andersens
Märchen von des Kaisers neuen Kleidern hat hier ein Kind den Zuhörern vorgemacht: Neue Musik macht genauso viel Spaß wie jede andere Musik auch.
Das haben die Jugendlichen vom Vokalensemble „Tonart“ des Gymnasiums Leopoldinum etwas anders ausgedrückt: „Wir mussten uns am Anfang ein bisschen daran gewöhnen, aber dann hat es richtig Spaß
gemacht.“ Die Jugendlichen hatten in der Komposition „Vor des Wassers fließenden Gesicht“ von Jörg Peter Mittmann mitgewirkt, in der Instrumente von der Posaune über die Harfe bis zur Geige immer
wieder Töne spielten, die oft nur wie Geräusche klangen, aber alle dazu beitrugen, dass die Komposition eine ganz eigentümliche Atmosphäre und neugierig machende Spannung erhielt. Die jungen Sänger
mussten dabei flüsternd sprechen oder auch mal „richtige“ Töne singen. Sie erfuhren dabei, dass es gar keine falschen Töne gibt, solange der Komponist alle in seiner Komposition richtig
einbaut.
Das ist gar nicht neu, wie der gebürtige Detmolder Professor Hartmut Fladt in seinem Vortrag am Freitagabend im bestens besuchten Sommertheater erläuterte. Das, was immer so unheimlich „Neue Musik“
heiße, sei nämlich schon lange im Kino oder im Fernsehen angekommen. Die Bilder würden den Zuschauern helfen, die „Neue Musik“ „sinnlich verstehen“ zu können, beschrieb Fladt. Das klingt
wissenschaftlich, meint aber einfach, dass die Zuschauer die Neue Musik wie jede andere Musik auch fühlen können.
Und wie Geräusche zu Musik werden, davon bekamen die Kinder der dritten Grundschulklasse der Freiligrathschule einen ersten Eindruck: Sie haben für das Hörfest mit Regenrohren, Glockenspielen,
kleinen Becken Seifenblasen und einem großen blauen Band fast so etwas wie eine Performance einstudiert, die nicht zuletzt wegen ihrer stimmungsvollen Musikalität bei allen ganz großen Anklang fand.
(ans)
Lippische Landeszeitung, 27. September 2010
Von Barbara Luetgebrune
Ganz frisch: Das gilt sowohl fürs Veranstaltungskonzept als auch für die Kompositionen, die am Wochenende in Detmold erklingen werden. Dann steigt dort nämlich das erste „Hörfest Neue
Musik“.
Detmold. Der „Fest“-Charakter ist dabei durchaus wörtlich zu verstehen: Die kürzlich ins Leben gerufene Initiative Neue Musik in OWL um den Detmolder Hans Timm will den Zuhörern einen Zugang zum oft
als sperrig betrachteten Genre der Neuen Musik leichter machen – „und das nicht auf die bierernste Art. Es soll Spaß machen“, sagt Hans Timm. Und wünscht allen Besuchern die Bereitschaft , die Ohren
zu öffnen für ungewohnte Klänge: „Happy New Ears!“
Die können die Zuhörer gleich im Auft aktkonzert am Freitagabend prima gebrauchen, in dem bereits mehrere Uraufführungen zu hören sind. Zum Beispiel Martin Christoph Redels „Resonanzen“ für zwei
Klaviere und Schlagzeug. „Wir stecken noch voll im Entdeckungsprozess“, sagt Pianistin Hajdi Elzeser vom Artwork Ensemble, das das Werk zu seiner allerersten Aufführung bringen wird. Bei Jörg-Peter
Mittmanns Komposition „Vor des Wassers fließendem Gesicht“ handelt es sich um ein Auftragswerk, die der Detmolder eigens für die Initiative Neue Musik OWL und das Hörfest geschrieben hat. „Die
Klanglichkeit von Wasser kann sehr inspirierend sein“, sagt Mittmann – und verweist damit auf das Motto des Hörfestes: „Vom Klang des Wassers“.
Der Titel des Festes entstammt einem Haiku aus dem 17. Jahrhundert des japanischen Dichters Matsuo Basho: „Der stille Teich – ein Frosch hüpft hinein: Der Klang des Wassers“. Der „asiatische“ Ansatz
fi ndet sich auf anderer Ebene im Beitrag „Aqua Vitae II“ der Japanerin Malika Kishino – auch ihr hat die Initiative einen von insgesamt vier Aufträgen zu einer Komposition erteilt. Uraufgeführt wird
sie am Samstagabend. „Hoffentlich ist es uns gelungen, mit unseren Kompositionsaufträgen viele Klangfarben zu beleuchten“, sagt Hans Timm.
Ganz konkret haben sich zudem die Drittklässler der Freiligrathschule mit dem Haiku beschäftigt. Ihr Stück ist am Samstagnachmittag zu hören. Auch das ist Ziel des Festivals: Möglichst viele Menschen
und Altersklassen zu beteiligen: So haben neben den arrivierten Komponisten und den Freiligrathschülern auch Studierende am Detmolder Hochbegabtenzentrum sowie Jugendliche der Johannes-Brahms-Schule
Kompositionen beigesteuert (die LZ berichtete). „Wir wollen ein möglichst breites Spektrum von dem abbilden, was es auf dem Gebiet der Neuen Musik gibt“, sagt Hans Timm.
Es spielen renommierte Interpreten und Formationen aus der Region (Ensemble Horizonte, Trio Cantraiano, etc.), unter anderem reist aber auch das hochkarätige Wiener Glasharmonika Duo an. Ganz
wichtig: Alle Konzerte werden moderiert. Und den Eingangsvortrag am Freitagabend hält Prof. Dr. Hartmut Fladt von der Universität der Künste Berlin.
Lippische Landeszeitung, 22. September 2010
Detmold (blz). Wenn man in die Programme vieler Konzerthäuser schaut, könnte man meinen, die Musikgeschichte hätte Ende des 19. Jahrhunderts ein abruptes Ende gefunden. Viele
Programmgestalter schrecken immer noch vor der sogenannte Neue Musik zurück.
Dokumenten Information
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Dokument erstellt am 16.09.2010 um 21:26:15 Uhr
Sie haben extra für das Hörfest eigene Musikstücke komponiert. Das gemeinsame Thema - und auch der Titel des Hörfestes - lautet: "Vom Klang des Wassers". In vier Konzerten werden beim Hörfest
insgesamt fünf Schülerkompositionen im Sommertheater, im Schlagzeughaus der Hochschule und in der Martin-Luther-Kirche zu hören sein.
Insgesamt sind im Rahmen des Hörfestes "Neue Musik" acht Konzerte geplant, in denen Werke zeitgenössischer Komponisten in großer Bandbreite erklingen.
Schräges Gefiedel ohne Sinn und Verstand, eine Beleidigung für die Ohren, Krach und Lärm - so lauten die noch eher harmlosen Beschimpfungen der Neuen Musik. Immer noch haben viele Musikliebhaber große Vorurteile gegenüber Kompositionen ihrer Zeitgenossen.
Das zu ändern - zumindest in der Region Ostwestfalen-Lippe - dazu haben sich in diesem Jahr engagierte Musiker, Musikpädagogen und andere Musikliebhaber zusammengefunden. Sie haben die Initiative Neue Musik Ostwestfalen-Lippe gegründet. Ihr Ziel ist es, Musikfreunde zum vorurteilsfreien Hören einzuladen. WDR 3 TonArt hat mit den Initiatoren über den schweren Stand der Neuen Musik gesprochen.
Zum Anhören des Interviews klicken Sie bitte hier (Sie finden das Interview unter der Überschrift: Initiative für neue Musik Ostwestfahlen-Lippe).
(Beitrag von Beate Depping)
Seit Mai gibt es die Initiative für Neue Musik Ostwestfalen-Lippe. Für September organisierten die engagierten Musiker, Musikpädagogen und andere Musikliebhaber aus der Region das erste "Hörfest"
mit Werken zeitgenössischer Komponisten.
Begonnen hat alles mit der Pensionierung von Hans Timm. In München, wo er als Geschäftsführer des Bundesjugendorchesters tätig war, hatte Timm sich in der Gesellschaft für Neue Musik engagiert und
die Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts schätzen gelernt. "Wir haben dort Konzerte organisiert, und ich habe mich einfach auf diese neue Klangwelt eingelassen. Es erfordert schon eine aktive
Haltung des Zuhörers, und man muss sich erst in die Stücke hineinhören. Aber dann entdeckt man viel Neues und Schönes."
Ein Hörvergnügen, das der gebürtige Niederländer auch nach seinem Umzug an seinen früheren Wohnort Detmold nicht wieder missen wollte. Und so suchte Timm nach Mitstreitern, um eine Initiative zu
gründen, die sich dafür einsetzt, dass mehr aktuelle Stücke in die Konzertsäle der Region kommen.
Der 73-Jährige weiß um die Schwierigkeiten, die viele Konzertbesucher mit den schrägen Tönen haben. Erklärtes Ziel der Initiative für Neue Musik in Ostwestfalen-Lippe ist es, die aktuelle Musikszene
in der Region zu etablieren.
Noch im Gründungsjahr organisiert die Gruppe ein "Hörfest" mit Werken von renommierten Komponisten wie Arvo Pärt, György Ligeti und Toshio Hosokawa ebenso wie mit Stücken von jungen Künstlern. Einführungen im Zusammenhang mit den Konzerten sollen den Einstieg erleichtern.
Neun Konzerte mit fünf Uraufführungen und Werken von über 30 Komponisten sollen dem Publikum die Möglichkeit geben, ein breites Spektrum kennen zu lernen. Denn in die Neue Musik muss man sich
hineinhören, um sie wertschätzen zu können, ist Hans Timm überzeugt.
Über die weiteren Aktivitäten der Initiative Neue Musik in Ostwestfalen-Lippe wollen sich die Detmolder Freunde der musikalischen Avantgarde nach dem Hörfest Gedanken machen.
Bislang hat die Organisation alle Kräfte des jungen Vereins gebunden. Jetzt sind alle gespannt auf die Resonanz und hoffen, weitere Mitstreiter für die Initiative gewinnen zu können. Das erste
Hörfest findet in Detmold statt von Freitag bis Sonntag, 24. bis 26. September. Der Eintritt zu allen Konzerten ist gratis. Weitere Infos unter www.initiative-neue-musik-owl.de. Für die Idee zur Gründung der Initiative verleihen wir Hans Timm den Stern der Woche.
Eine Initiative der Neuen Westfälischen (NW), der Lippischen Landes-Zeitung (LZ) und des Haller Kreisblatts.
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Dokument erstellt am 03.07.2010 um 00:18:02 Uhr