Detmold (tom). Musik, in der gesprochene oder gesungene Sprache eine wichtige Rolle spielt, steht im Mittelpunkt der dritten Ausgabe des „Hörfestes Neue Musik“ in Detmold. Insgesamt sechs Konzerte und ein Workshop („Augmenting – 42 Stimmen für John Cage“) bieten am kommenden Wochenende in Detmold Gelegenheit, zeitgenössische Klänge zu erkunden. In der Reihe „Nachgefragt“ stellt sich unter anderem der slowenische Posaunist und Komponist Vinko Globokar den Fragen der Hörer. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.
Den Auftakt des Hörfestes, das von der Initiative Neue Musik in Ostwestfalen-Lippe e. V. veranstaltet wird, bestreiten das Detmolder Ensemble Horizonte unter Leitung von Jörg-Peter Mittmann und diverse Solisten mit Hans Werner Henzes Hölderlin- Vertonung „Kammermusik 1958“ (28. 9., Musikhochschule Detmold, 19.30 Uhr). Das Stück über Hölderlins Hymne „In lieblicher Bläue“ für Tenor, Gitarre und Soloinstrumente hat das Ensemble auch gerade alsCD-Aufnahme (Wergo) veröffentlicht. Kompositionen von John Cage, György Kurtag, Luciano Beriound Martin Christoph Redel erklingen am Samstag im Literaturbüro OWL, Haus Münsterberg, Hornsche Straße 38 (29. 9., 15.30 Uhr). In Zusammenarbeit mit der Marienkantorei Lemgo führt das Ensemble Horizonte ebenfalls am Samstag (19.30 Uhr) in der Kirche St. Marien in Lemgo Kompositionen auf, die sich auf Gedichte Friedrich Gottlieb Klopstocks beziehen.
Im Detmolder Grabbe-Haus, Bruchstraße 27, musizieren Mitglieder des Orchesters des Landestheaters Detmold Luciano Berios „Folk-Songs“ und Kurt Schwitters’ „Ur-Sonate“ (30. 9., 11.30 Uhr). Das ArtWork Ensemble, wie das Ensemble Horizont fester Kooperationspartner des Hörfestes Neue Musik, spielt am Sonntag zwei Uraufführungen von Bernd Schumann („Verlorene Gesichter“) und Aleksandar Pejovski („AHh. facing the Iconostasis“) sowie „Discours IX“ (1993) von Vinko Globokar (30. 9., 16 Uhr, Musikhochschule).
Im Abendkonzert am Sonntag, 19.30 Uhr im „Hangar 21“, Charles-Lindbergh-Ring 10, interpretiert das Nomos-Quartett Stockhausens „Gesang der Jünglinge“ und Nonos „Fragmente – Stille, An Diotima“. Darüberhinaus stellen die Voice-Artistin Isabeella Beumer und die Teilnehmer ihres John-Cage-Workshops die erarbeitete Bühnenpräsentation vor: ein choriges Geräuschmusikstück für 42 Stimmen. „Der erfolgreichste Zugang zu Neuer Musik ist das eigene Aktivwerden. Der Workshop will dazu Mut machen“, so die Künstlerin. Zum Abschluss spielt das renommierte niederländische Ensemble Insomnio am Montag mit Schönbergs „Pierrot Lunaire“ und Boulez’ „Le Marteau sans maitre“ zwei Klassiker der Moderne (1. 10., Hangar 21, 19.30 Uhr). In der Reihe „Nachgefragt“ bieten die Veranstalter im Anschluss an die meisten Konzerte den Hörern die Chance, sich mit Interpreten und Komponisten auszutauschen.
Lippische Landeszeitung, 25. SEPTEMBER 2012
Von Beate Depping
Detmold (blz). Martin Christoph Redel stellt die Partitur auf das Notenpult und schlägt sie auf. Nicht eine Note ist auf dem Papier zu sehen - dafür aber rote, gelbe, blaue Schlangenlinien und einzelne Worte in unterschiedlichen Sprachen.
Keine Frage: Die „Arie für Solo-Stimme" von John Cage hat wenig gemeinsam mit dem traditionellen Verständnis eines solistischen Gesangsstücks - eines von vielen unkonventionellen Werken, die beim 3. Hörfest Neue Musik von heute an bis zum 1. Oktober in Detmold zu erleben sind.
„Es ist mehr eine Improvisationsvorlage als eine Partitur", erläutert Martin Christoph Redel, selbst Komponist und Mitorganisator des Hörfestes, die Anweisungen von Altmeister John Cage. „Deshalb klingt die Arie auch bei jeder Aufführung anders."
„Musik und Sprache" lautet in diesem Jahr das Motto des Hörfestes, das die Initiative Neue Musik in OstwestfalenLippe bereits zum dritten Mal auf die Beine stellt, um die Neue Musik einem breiten Publikum nahe zu bringen. Neben bekannten Namen wie Hans-Werner Henze und Arnold Schönberg stehen Komponisten auf dem Programm, die teilweise persönlich bei den Konzerten anwesend sind. So wie Jörg-Peter Mittmann, der ein Stück zu Gedichten von Friedrich Gottlieb Klop-stock geschrieben hat und es am Samstag im Rahmen eines komplexen „Klopstock-Pro-jekts" präsentiert, einem abendfüllenden Programm, in dem die Sänger auch schon mal wechseln vom Liedvortrag zum Vortrag von Staumeldungen aus dem Radio.
Instrumentale Umsetzung von Aphorismen
Das Spektrum der musikalischen Auseinandersetzung mit Sprache lotet das Hörfest nach allen Seiten aus. Es gibt Stücke, in denen Texte auf traditionelle Weise zum Vortrag kommen, wie etwa in Giselher Klebes „Mir träumte, ich müsste Abschied nehmen", einem „Lamento mit dem Gedicht von Günter Grass für Gesang und sieben Instrumentalisten" (1998) oder Hans Werner Henzes Kammermusik 1958 über die Hymne „In lieblicher Bläue" von Friedrich Hölderlin. (Beide zu hören am Freitag, 28. September, 19.30 Uhr in der Musikhochschule Detmold.)
Anderen Komponisten wie Luciano Berio in seiner „Se-quenza III" von 1966 geht es nicht um den Inhalt der Sprache, sondern um den Klang einzelner Satz- oder Wortfragmente, oftmals reduziert bis auf einzelne Laute.
Noch einen Schritt weiter geht György Kurtag in seinen rein instrumentalen Interpretationen „Signs, games and messages" von 2005. Beide Werke sind zu hören am Samstag, 29. September, 15.30 Uhr, im Literaturbüro OWL, wo auch John Cages „Arie" aufgeführt wird sowie die „Innen-Lieder", die der Detmolder Redel 2010 als rein instrumentale Auseinandersetzung mit Aphorismen von Irena Wachendorff verfasste. Sie sind bei dem Konzert im Wechsel mit Rezitationen der ebenfalls anwesenden Dichterin zu hören.
Insgesamt acht Konzerte -allesamt mit kostenlosen Eintritt - sind zeitlich so gestaffelt, dass Besucher die Chance haben ben, das Festival-Programm komplett mitzuerleben. Nach jedem Konzert stehen die Interpreten und teilweise auch die Komponisten für persönliche Nachfragen zur Verfügung.
Mindener Tageblatt
Lippische Landeszeitung, 1.10.2012
Lippische Landeszeitung, 10.10.2012
Neue Musikzeitung, Novenber 2012