“Die kommunikative Energie Neuer Musik”, NMZ November 2010

  • Ein Artikel von Andreas Schwabe
    Ausgabe: 11/2010 - 59. Jahrgang

    (nmz) - „Der stille Teich, ein Frosch hüpft hinein: Der Klang des Wassers.“ Dieses berühmte Haiku bringe auf klassische Weise den Vorgang des Hörens zum Ausdruck, sagt Hans Zender über das japanische Gedicht, das zum Schlüsselimpuls für das erfolgreiche erste ostwestfälische Hörfest Neue Musik wurde.

    Erfolg stellt sich dann ein, wenn eine Idee zur richtigen Zeit auf den richtigen Ort trifft. Genau dies ist dem ehemaligen Geschäftsführer des Bundesjugendorchesters Hans Timm und der neu gegründeten „Initiative Neue Musik in Ostwestfalen-Lippe“ geglückt. Die Idee, die drei Tage im September unter ein fassliches und zugleich offenes Thema zu stellen, verband sich organisch mit dem Gedanken, so viele Institutionen und Initiativen wie möglich an dem Festival zu beteiligen.

    An die 600 Besucher, die selbst den langen Samstag von 15 bis 22 Uhr, vom Sommertheater durch den Palaisgarten der ehemaligen fürstlichen Residenz zum Schlagzeughaus bis in eine der drei Kirchen mit durchhielten, erlebten die Aufführungen. Zu den Mitwirkenden der unter anderem von Kornelia Bittmann moderierten Konzerte zählten Schülerinnen und Schüler aus Detmolder Gymnasien und der Musikschule, Musiker rund um das Landestheater Detmold, „Ensemble Horizonte“ und „Artwork Ensemble“ sowie der Organist und Komponist Theo Brandmüller. Diese Begegnung generierte das Besondere dieses Festivals: die Öffnung der zeitgenössischen Musik für Zuhörer außerhalb der Szene, die auch in der Integration Neuer Musik in den Kontext eines Gottesdienstes wirksam wurde. Sie strafte die Ausgangsthese im Einführungsvortrag von Professor Hartmut Fladt Lügen, der die von Soziologen für viele Interessengruppen diagnostizierte Closed-Shop-Mentalität mit dem Satz zusammenfasste: „Man kennt sich.“

    Unbefangen und erfrischend war da etwa die Komposition der erst neunjährigen Leonora Schlünz, die, von einer kleinen Geschichte geleitet, intuitives Formgefühl erkennen ließ. Sie war die mit Abstand jüngste der 30 Komponisten, die in Detmold zu hören waren. Auch Max Hundelshausen (Jahrgang 1991), Schüler von Martin Christoph Redel, bewies in seiner Auftragskomposition „Atomo II“ beachtliche atmosphärische Dichte.

    Jörg Peter Mittmann, Dirigent des „Ensemble Horizonte“, war auch als Komponist mit zwei seiner Werke vertreten. Sein „Vor des Wassers fließendem Gesicht“ für kleinen Chor und Instrumentalensemble war ein Beispiel für den erwähnten Brückenschlag, der diesem Festival gelang. Einerseits belegte Mittmanns Komposition seine aus tiefer Friedenssehnsucht heraus geborene Suche nach einer vorsichtig den Zwischenraum von Ton und Geräusch auslotenden Bewegung, andererseits integrierte Mittmann in dieses Werk den Chor eines Detmolder Gymnasiums und öffnete den jungen Leuten damit erste und, wie die Nachfrage belegte, sehr erfolgreiche Begegnungen mit Klängen abseits von Mozart und Pop.

    Malika Kishino wiederum horchte mit ihrem „Aqua Vitae II“ für Altflöte, Bassklarinette, Schlagzeug, Violine und Violoncello, der Dunkelheit tiefen Wassers nach. Ein „NachKLANG“ ermöglichte anschließend ein Gespräch mit Komponisten und Interpreten, ein weiterer Beleg für die kommunikative Energie, die von diesem Hörfest ausging.

“Ein Fest für die Neue Musik”, Lippische Landes-Zeitung 28. September 2010

Veranstaltungsreihe unter dem Motto „Vom Klang des Wassers“ ist erstaunlich gut besucht

  • Detmold. Drei Tage „Neue Musik“ an fünf verschiedenen Orten, Werke von 30 Komponisten, darunter sieben Uraufführungen in mehr als 12 Stunden Musik und mehrere Veranstaltungen mit weit über 100 Besuchern: Mit solchen Zahlen hat das Hörfest „Neue Musik“ der „Initiative Neue Musik“ geglänzt.
    Hans Timm, dem Initiator der „Initiative Neue Musik“, ist es gelungen, hochqualifiziertes Personal zu bündeln – Menschen, die ihr Herz an Klänge verschenkt haben, die äußerlich mit Mozart und Beethoven scheinbar nichts zu tun haben, innerlich aber deren Credo nach zeitgemäßer Musik verpflichtet bleiben. Die besondere Atmosphäre eines Festivals trug sicherlich entscheidend dazu bei, dass Kompositionen aus dem zwanzigsten und beginnenden einundzwanzigsten Jahrhundert bei weit mehr Besuchern als erwartet durchweg enormen Anklang fanden. Oft folgten weit über 100 Besucher der Suche nach neuen verbindlichen Klängen, die aus gutem Grund den klassisch-romantischen Klangraum bis hin zum Verwischen der Grenzen zwischen Ton und Geräusch erweitert haben.
    Das Ensemble Horizonte um den Komponisten Jörg Peter Mittmann und das Artwork Ensemble um die Pianistin Hajdi Elzeser bildeten das musikalische Rückrat. Mittmann und der Komponist Professor Martin Christoph Redel trugen maßgeblich dazu bei, dem Festival eine internationale Ausstrahlung zu verleihen. Eine überzeugende Idee war die Beteiligung von Schulen sowie der Johannes-Brahms-Musikschule. Die Auseinandersetzung mit den Spielräumen Neuer Musik öffnete den Kindern und Jugendlichen eine unverzichtbare Welt.
    Die Zusammenarbeit mit dem Landestheater brachte mit Avo Pärt (geboren 1935) jenen Komponisten zu Gehör, den die Zukunft vielleicht als die ästhetische Antwort auf das Auseinanderfallen der globalisierten Welt in eine Unzahl von kulturellen Parallelgesellschaften herausarbeiten wird. Das Wiener Glasharmonika Duo spielte am Sonntagvormittag dessen „Pari Intervallo“, eine Komposition, die aus einer „klugen“ Besinnung auf „Alte Musik“ eine „neue Einfachheit“ entwickelt. Wie unterschiedlich dabei der „Klang des Wassers“ (so das Thema des Festivals) sein kann, das war an diesem Wochenende unüberhörbar. Fazit: Dieser gelungene Auft akt ruft ganz laut nach einer Wiederholung.

    Lippische Landeszeitung 28. September 2010

“Kinder verwandeln Töne in Musik”, Lippische Landes-Zeitung 27.September 2010

Hörfest „Neue Musik“ an der Musikhochschule zeigt, wie Klänge zum akustischen Genuss werden

  • Detmold. Leonora Schlünz ist neun Jahre alt. Sie ist eine von 30 Komponisten gewesen, deren Werke auf dem Hörfest „Neue Musik“ innerhalb von drei Tagen zu hören waren. Und sie machte allen deutlich: Die Neue Musik ist in der „normalen“ Welt angekommen.
    Leonora Schlünz hat „Hundert Regentropfen“ komponiert, ein Werk für Vibraphon, Violine und zwei Wassereimer. Die Komposition passte also genau zum Thema „Klang des Wassers“, unter das die von Hans Timm und anderen ins Leben gerufene Initiative Neue Musik in Ostwestfalen e.V. ihr dreitägiges Event zusammengefasst hatte.
    Im „Geräteschuppen“ der Schlagwerker, wie die Moderatorin Kornelia Bittmann der vor allem am Samstag von 15 Uhr bis 22 Uhr nahezu nonstop durchlaufenden Konzertabfolge das Schlagzeughaus an der Hochschule für Musik titulierte, zupfte Gabriela Niggemann an den leeren Saiten ihrer Geige und patschte zwischendurch immer mal mit voller Wucht in ihren Wassereimer. Daniel Rellmann spielte ein in sich kreisendes Motiv auf seinem Vibraphon und patschte hier und da auch in seinen Wassereimer. Das war im ersten Moment lustig. Es war aber noch viel mehr. In Anlehnung an Christian Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern hat hier ein Kind den Zuhörern vorgemacht: Neue Musik macht genauso viel Spaß wie jede andere Musik auch.
    Das haben die Jugendlichen vom Vokalensemble „Tonart“ des Gymnasiums Leopoldinum etwas anders ausgedrückt: „Wir mussten uns am Anfang ein bisschen daran gewöhnen, aber dann hat es richtig Spaß gemacht.“ Die Jugendlichen hatten in der Komposition „Vor des Wassers fließenden Gesicht“ von Jörg Peter Mittmann mitgewirkt, in der Instrumente von der Posaune über die Harfe bis zur Geige immer wieder Töne spielten, die oft nur wie Geräusche klangen, aber alle dazu beitrugen, dass die Komposition eine ganz eigentümliche Atmosphäre und neugierig machende Spannung erhielt. Die jungen Sänger mussten dabei flüsternd sprechen oder auch mal „richtige“ Töne singen. Sie erfuhren dabei, dass es gar keine falschen Töne gibt, solange der Komponist alle in seiner Komposition richtig einbaut.
    Das ist gar nicht neu, wie der gebürtige Detmolder Professor Hartmut Fladt in seinem Vortrag am Freitagabend im bestens besuchten Sommertheater erläuterte. Das, was immer so unheimlich „Neue Musik“ heiße, sei nämlich schon lange im Kino oder im Fernsehen angekommen. Die Bilder würden den Zuschauern helfen, die „Neue Musik“ „sinnlich verstehen“ zu können, beschrieb Fladt. Das klingt wissenschaftlich, meint aber einfach, dass die Zuschauer die Neue Musik wie jede andere Musik auch fühlen können.
    Und wie Geräusche zu Musik werden, davon bekamen die Kinder der dritten Grundschulklasse der Freiligrathschule einen ersten Eindruck: Sie haben für das Hörfest mit Regenrohren, Glockenspielen, kleinen Becken Seifenblasen und einem großen blauen Band fast so etwas wie eine Performance einstudiert, die nicht zuletzt wegen ihrer stimmungsvollen Musikalität bei allen ganz großen Anklang fand.

“Ohren auf für Neue Musik”, Lippische Landes-Zeitung 22. September 2010

Am kommenden Wochenende steht Detmold ganz im Zeichen zeitgenössischer Klänge

  • Von Barbara Luetgebrune
    Ganz frisch: Das gilt sowohl fürs Veranstaltungskonzept als auch für die Kompositionen, die am Wochenende in Detmold erklingen werden. Dann steigt dort nämlich das erste „Hörfest Neue Musik“.

    Detmold. Der „Fest“-Charakter ist dabei durchaus wörtlich zu verstehen: Die kürzlich ins Leben gerufene Initiative Neue Musik in OWL um den Detmolder Hans Timm will den Zuhörern einen Zugang zum oft als sperrig betrachteten Genre der Neuen Musik leichter machen – „und das nicht auf die bierernste Art. Es soll Spaß machen“, sagt Hans Timm. Und wünscht allen Besuchern die Bereitschaft , die Ohren zu öffnen für ungewohnte Klänge: „Happy New Ears!“
    Die können die Zuhörer gleich im Auft aktkonzert am Freitagabend prima gebrauchen, in dem bereits mehrere Uraufführungen zu hören sind. Zum Beispiel Martin Christoph Redels „Resonanzen“ für zwei Klaviere und Schlagzeug. „Wir stecken noch voll im Entdeckungsprozess“, sagt Pianistin Hajdi Elzeser vom Artwork Ensemble, das das Werk zu seiner allerersten Aufführung bringen wird. Bei Jörg-Peter Mittmanns Komposition „Vor des Wassers fließendem Gesicht“ handelt es sich um ein Auftragswerk, die der Detmolder eigens für die Initiative Neue Musik OWL und das Hörfest geschrieben hat. „Die Klanglichkeit von Wasser kann sehr inspirierend sein“, sagt Mittmann – und verweist damit auf das Motto des Hörfestes: „Vom Klang des Wassers“.
    Der Titel des Festes entstammt einem Haiku aus dem 17. Jahrhundert des japanischen Dichters Matsuo Basho: „Der stille Teich – ein Frosch hüpft hinein: Der Klang des Wassers“. Der „asiatische“ Ansatz fi ndet sich auf anderer Ebene im Beitrag „Aqua Vitae II“ der Japanerin Malika Kishino – auch ihr hat die Initiative einen von insgesamt vier Aufträgen zu einer Komposition erteilt. Uraufgeführt wird sie am Samstagabend. „Hoffentlich ist es uns gelungen, mit unseren Kompositionsaufträgen viele Klangfarben zu beleuchten“, sagt Hans Timm.
    Ganz konkret haben sich zudem die Drittklässler der Freiligrathschule mit dem Haiku beschäftigt. Ihr Stück ist am Samstagnachmittag zu hören. Auch das ist Ziel des Festivals: Möglichst viele Menschen und Altersklassen zu beteiligen: So haben neben den arrivierten Komponisten und den Freiligrathschülern auch Studierende am Detmolder Hochbegabtenzentrum sowie Jugendliche der Johannes-Brahms-Schule Kompositionen beigesteuert (die LZ berichtete). „Wir wollen ein möglichst breites Spektrum von dem abbilden, was es auf dem Gebiet der Neuen Musik gibt“, sagt Hans Timm.
    Es spielen renommierte Interpreten und Formationen aus der Region (Ensemble Horizonte, Trio Cantraiano, etc.), unter anderem reist aber auch das hochkarätige Wiener Glasharmonika Duo an. Ganz wichtig: Alle Konzerte werden moderiert. Und den Eingangsvortrag am Freitagabend hält Prof. Dr. Hartmut Fladt von der Universität der Künste Berlin.

    Lippische Landeszeitung, 22. September 2010

“Mehr schräge Töne für die Konzertsäle der Region”, Mindener Tageblatt
16. September 2010

Initiative Neue Musik setzt sich für zeitgenössische Kompositionen ein

  • In Ostwestfalen-Lippe soll sich das jetzt ändern: Seit Mai gibt es die Initiative für Neue Musik Ostwestfalen-Lippe. Vom 24. bis 26. September laden Musiker, Musikpädagogen und Musikliebhaber zum ersten "Hörfest" mit Werken zeitgenössischer Komponisten in Detmold.

    Begonnen hat alles mit der Pensionierung von Hans Timm. In München, wo er als Geschäftsführer des Bundesjugendorchesters tätig war, hatte Timm sich in der Gesellschaft für Neue Musik engagiert und die Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts schätzen gelernt. "Wir haben dort Konzerte organisiert und ich habe mich einfach auf diese neue Klangwelt eingelassen. Es erfordert schon eine aktive Haltung des Zuhörers. Aber dann entdeckt man viel Neues und Schönes."

    Ein Hörvergnügen, das der gebürtige Niederländer auch nach seinem Umzug an seinen früheren Wohnort Detmold nicht wieder missen wollte. Und so suchte Timm nach Mitstreitern, um eine Initiative zu gründen, die sich dafür einsetzt, dass mehr aktuelle Stücke in die Konzertsäle der Region kommen.

    Einer, der sofort begeistert war, ist Martin Christoph Redel. Er ist Professor an der Musikhochschule Detmold und selber Komponist. Mit seinem Einsatz in der Initiative Neue Musik will er nicht etwa alle Konzertbesucher zu begeisterten Anhängern von Dissonanz und Atonalität machen. Aber er will sie dazu bringen, sich aktuelle Kompositionen zumindest unvoreingenommen anzuhören: "Man kann ja nachher sagen: Es hat mir nichts gegeben und ich konnte damit nichts anfangen." Viele wären aber gar nicht erst dazu bereit, sich die Neue Musik überhaupt anzuhören.

    Redel kann verstehen, dass viele Konzertbesucher Schwierigkeiten mit den schrägen Tönen haben. Den Grund sieht er in dem viel zitierten Bruch mit dem Publikum, der sich mit der Abwendung von der traditionellen Dur-Moll-Tonalität vollzogen hat. Atonalität und Zwölftontechnik schufen neue Möglichkeiten. Die Musik entwickelte sich weiter und wurde immer komplexer.

    Nur wenige Stücke gehen leicht ins Ohr. Tonalität und wiederkehrende Themen bieten nur selten vertraute Anhaltspunkte. Dissonanzen, harte Schnitte, schwer nachvollziehbare Rhythmen und fremde Klangfarben fordern den Hörer heraus. Kein Wunder, dass viele Musikliebhaber nur zu gerne in ihrer Leidenschaft für Beethoven, Brahms und anderen Komponisten vergangener Jahrhunderte verharren.

    Erklärtes Ziel der Initiative für Neue Musik in Ostwestfalen-Lippe ist es, die aktuelle Musikszene in der Region zu etablieren. Noch im Gründungsjahr organisiert die Gruppe ein "Hörfest" mit Werken von renommierten Komponisten wie Arvo Pärt, György Ligeti und Toshio Hosokawa ebenso wie mit Stücken von jungen Künstlern. Einführungen im Zusammenhang mit den Konzerten sollen den Einstieg erleichtern. Neun Konzerte mit fünf Uraufführungen und Werken von über 30 Komponisten sollen dem Publikum die Möglichkeit geben, ein breites Spektrum kennen zu lernen. Denn in die Neue Musik muss man sich hineinhören, um sie wertschätzen zu können, ist Hans Timm überzeugt. Der Eintritt zu allen Konzerten ist gratis.

    Dokumenten Information
    Copyright © Mindener Tageblatt 2010
    Dokument erstellt am 16.09.2010 um 21:26:15 Uhr

Musikschüler komponieren fürs "Hörfest Neue Musik", Lippische Landes-Zeitung

  • Detmold. Das "Hörfest Neue Musik" geht am Wochenende vom 24. bis 26. September in Detmold über die Bühne. Und überall laufen die Vorbereitungen dafür auf Hochtouren. Auch Schüler der Johannes-Brahms-Schule machen mit.

    Sie haben extra für das Hörfest eigene Musikstücke komponiert. Das gemeinsame Thema - und auch der Titel des Hörfestes - lautet: "Vom Klang des Wassers". In vier Konzerten werden beim Hörfest insgesamt fünf Schülerkompositionen im Sommertheater, im Schlagzeughaus der Hochschule und in der Martin-Luther-Kirche zu hören sein.

    Insgesamt sind im Rahmen des Hörfestes "Neue Musik" acht Konzerte geplant, in denen Werke zeitgenössischer Komponisten in großer Bandbreite erklingen.

Interview bei WDR 3 Tonart

  • Schräges Gefiedel ohne Sinn und Verstand, eine Beleidigung für die Ohren, Krach und Lärm - so lauten die noch eher harmlosen Beschimpfungen der Neuen Musik. Immer noch haben viele Musikliebhaber große Vorurteile gegenüber Kompositionen ihrer Zeitgenossen.

    Das zu ändern - zumindest in der Region Ostwestfalen-Lippe - dazu haben sich in diesem Jahr engagierte Musiker, Musikpädagogen und andere Musikliebhaber zusammengefunden. Sie haben die Initiative Neue Musik Ostwestfalen-Lippe gegründet. Ihr Ziel ist es, Musikfreunde zum vorurteilsfreien Hören einzuladen. WDR 3 TonArt hat mit den Initiatoren über den schweren Stand der Neuen Musik gesprochen.

    Zum Anhören des Interviews klicken Sie bitte hier (Sie finden das Interview unter der Überschrift: Initiative für neue Musik Ostwestfahlen-Lippe).

    (Beitrag von Beate Depping)

“Mehr schräge Töne”, 28. August 2010

Die Initiative Neue Musik Ostwestfalen-Lippe setzt sich für zeitgenössische Kompositionen ein

Eine Initiative der Neuen Westfälischen (NW), der Lippischen Landes-Zeitung (LZ) und des Haller Kreisblatts.

  • VON BEATE DEPPING
    Detmold. Wenn man in die Programme vieler Konzerthäuser schaut, könnte man meinen, die Musikgeschichte hätte Ende des 19. Jahrhunderts ein abruptes Ende gefunden. Zumindest aber scheint es so, als würden seither kaum noch neue Stücke komponiert. Viele Programmgestalter schrecken immer noch davor zurück, die so genannte Neue Musik aufzuführen. In Ostwestfalen-Lippe soll sich das jetzt ändern.

    Seit Mai gibt es die Initiative für Neue Musik Ostwestfalen-Lippe. Für September organisierten die engagierten Musiker, Musikpädagogen und andere Musikliebhaber aus der Region das erste "Hörfest" mit Werken zeitgenössischer Komponisten.

    Begonnen hat alles mit der Pensionierung von Hans Timm. In München, wo er als Geschäftsführer des Bundesjugendorchesters tätig war, hatte Timm sich in der Gesellschaft für Neue Musik engagiert und die Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts schätzen gelernt. "Wir haben dort Konzerte organisiert, und ich habe mich einfach auf diese neue Klangwelt eingelassen. Es erfordert schon eine aktive Haltung des Zuhörers, und man muss sich erst in die Stücke hineinhören. Aber dann entdeckt man viel Neues und Schönes."

    Initiative für mehr Aktuelles
    Ein Hörvergnügen, das der gebürtige Niederländer auch nach seinem Umzug an seinen früheren Wohnort Detmold nicht wieder missen wollte. Und so suchte Timm nach Mitstreitern, um eine Initiative zu gründen, die sich dafür einsetzt, dass mehr aktuelle Stücke in die Konzertsäle der Region kommen.

    Der 73-Jährige weiß um die Schwierigkeiten, die viele Konzertbesucher mit den schrägen Tönen haben. Erklärtes Ziel der Initiative für Neue Musik in Ostwestfalen-Lippe ist es, die aktuelle Musikszene in der Region zu etablieren. Noch im Gründungsjahr organisiert die Gruppe ein "Hörfest" mit Werken von renommierten Komponisten wie Arvo Pärt, György Ligeti und Toshio Hosokawa ebenso wie mit Stücken von jungen Künstlern. Einführungen im Zusammenhang mit den Konzerten sollen den Einstieg erleichtern.

    Avantgardistische Klänge
    Neun Konzerte mit fünf Uraufführungen und Werken von über 30 Komponisten sollen dem Publikum die Möglichkeit geben, ein breites Spektrum kennen zu lernen. Denn in die Neue Musik muss man sich hineinhören, um sie wertschätzen zu können, ist Hans Timm überzeugt.

    Über die weiteren Aktivitäten der Initiative Neue Musik in Ostwestfalen-Lippe wollen sich die Detmolder Freunde der musikalischen Avantgarde nach dem Hörfest Gedanken machen.

    Bislang hat die Organisation alle Kräfte des jungen Vereins gebunden. Jetzt sind alle gespannt auf die Resonanz und hoffen, weitere Mitstreiter für die Initiative gewinnen zu können. Das erste Hörfest findet in Detmold statt von Freitag bis Sonntag, 24. bis 26. September. Der Eintritt zu allen Konzerten ist gratis. Weitere Infos unter www.initiative-neue-musik-owl.de. Für die Idee zur Gründung der Initiative verleihen wir Hans Timm den Stern der Woche.

“Ein Frosch hüpft in den stillen Teich”, Lippische Landes-Zeitung 3. Juli 2010

Initiative Neue Musik bringt Grundschülern zeitgenössische Klänge nahe - großes Hörfest im September

  • Von Barbara Luetgebrune

    Sanft hingetupfte Xylophontöne lassen Luftblasen aufsteigen, der rieselnde Inhalt eines Regenrohres lässt das Schilf leise rauschen: So klingt die "Wassermusik", die Freiligrathschüler "komponiert" haben.

    Detmold. Völlig unbefangen gehen die Kinder mit Klängen und Rhythmen um, mit dem vermeintlich so schwer verdaulichen Stoff, der "Neue Musik" heißt. "Kinder sind offen. Genau das ist unsere Chance", sagt Schulmusikerin Claudia Stärk. Sie gehört der Initiative Neue Musik in OWL an, die sich die Vermittlung Neuer Musik für Menschen aller Altersklassen auf die Fahnen geschrieben hat. Mehr Interesse für dieses Genre wecken und den relativ kleinen Kreis der Experten aufbrechen: Das wollen die Mitglieder um ihren Vorsitzenden Hans Timm erreichen. Und ein wichtiges Standbein ihrer Arbeit ist - eben wegen deren unbefangenem Zugang - die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. "Wir wollen zeigen, dass Neue Musik gar nicht so kompliziert ist", sagt Prof. Martin Christoph Redel.

    Das erste Schulprojekt der Initiative ist jetzt in der Freiligrathschule über die Bühne gegangen. Die Zweitklässler haben in den vergangenen Wochen ein Klangstück zum Thema "Der Klang des Wassers" selbst erarbeitet. In zwei Gruppen, die jeweils von einer Lehrerin, zwei Instrumentalisten und einem Komponisten angeleitet wurden, haben sie sich der Thematik Stück für Stück genähert. "Erst haben wir uns gemeinsam Musik von Debussy angehört. Zu den fließenden Klängen haben wir uns mit farbigen Tüchern bewegt", erzählt Margarete Hentschel, Lehrerin an der Freiligrathschule. Wie klingt Wasser? Wie setzt man tröpfelnde, rauschende oder perlende Geräusche in Klang um? Und wie notiert man diese Musik? Um solche Fragen ging es in den sechs Doppelstunden, in denen sich die Zweitklässler mit zeitgenössischer Musik beschäftigt haben. Das Stück, das sie erarbeitet haben, präsentieren sie beim Hörfest Neue Musik, das die Initiative für den 24. bis 26. September plant.

    Dabei stehen natürlich noch weitere Punkte auf dem Programm - viele setzen ebenfalls bei der jungen Klientel an, richten sich aber durchaus an erwachsene Hörer. So wird etwa die Kompositionsklasse der Johannes-Brahms-Schule unter Leitung von Stefan Claßen mit Beiträgen vertreten sein. Max Hundelshausen, Jungstudent in der Kompositionsklasse von Prof. Redel, hat ein Werk geschrieben, das aufgeführt wird. Zudem erklingt eine Komposition von Dr. Jörg-Peter Mittmann (er gehört der Initiative auch an), die von einem Vokalensemble des Gymnasiums Leopoldinum intoniert wird.

    Das Hörfest Neue Musik soll den Auftakt zur Arbeit der Initiative markieren, die sich in OWL vernetzen und ihr Wirken auf die gesamte Region ausdehnen will. "Es sollen möglichst viele Menschen aller Altersklassen mitbekommen, dass es sehr viel gute Neue Musik gibt", sagt Hans Timm.

    Dokumenten Information
    Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2010
    Dokument erstellt am 03.07.2010 um 00:18:02 Uhr